Standorte der Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiter*innen-Lager der Bergbau AG Lothringen in Bochum-Gerthe und -Hiltrop

Zwangsarbeiter*innen und Kriegsgefangene in Ruhrbergbau und Metallindustrie

„Das nationalsozialistische Deutschland schuf eines der größten Zwangsarbeiter-Systeme der Geschichte. Über 13 Millionen zivile Zwangsarbeiterinnen und Zwangs-arbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge arbeiteten im Zweiten Weltkrieg im Deutschen Reich. Auch in den besetzten Gebieten wurden Millionen Männer, Frauen und Kinder zur Arbeit für den Feind gezwungen.“[1]

Ab 1940 wurden Kriegsgefangene und sogenannte “Zivilarbeiter” aus Polen, Belgien, den Niederlanden und Frankreich von der Zeche Lothringen beschäftigt. Ab März 1942 verfügte die Reichsregierung nach einem Erlass des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW), die bis dahin verfolgte sofortige Vernichtung der russischen Kriegsgefangenen auszusetzen und ordnete stattdessen die vollständige Ausbeutung deren Arbeitskraft für die Aufrechterhaltung der Wirtschaft und Kriegsindustrie im Deutschen Reich an.

Die Lothringen-Zechen erhielten zum Ersatz für ihre Mitarbeiter, die für die Wehrmacht an die Front geschickt wurden, Zwangsarbeiter*innen. Neben Niederländern und Franzosen z. B. aus dem Sammellager in Soest ab Mai 1941 wurden polnische und ab 1942 russische Kriegsgefangene sowie zwangsdeportierte „Fremdarbeiter“ aus der besetzten Ukraine und dem Baltikum, darunter auch erst 14-jährige Kinder und Jugendliche, Mädchen und Jungen ins Ruhrgebiet verschleppt.

Ab Januar 1942 wurden die so genannten „Ostarbeiter“ bei Razzien in ihren Heimatorten zusammengetrieben und zur Zwangsarbeit in das Deutsche Reich deportiert, um den zunehmenden Ausfall der heimischen Arbeitskräfte in der Landwirtschaft, der (Rüstungs-) Industrie, dem Bergbau aber u. a. auch in Privathaushalten zu kompensieren und die Produktion im Krieg aufrecht zu halten oder gar zu steigern. Es folgte die Rekrutierung von Kriegsgefangenen sowie Häftlingen aus Arbeits-, Konzentrations- und Vernichtungslagern.

 

Sowjetische Kriegsgefangene vor dem Schloss Strünkede in Herne (Foto © Stadt Herne)

Ab 1943 wurden dann vermehrt russische und – nach dem Sturz Mussolinis und der Kapitulation Italiens – italienische Kriegsgefangene, die so genannten „Italienischen Militärinternierten“ (IMI) sowie Zwangsarbeiter aus dem Kriegsgefangenen-Stammlager Hemer (Stalag VI A) auch nach Gerthe und Hiltrop verbracht. Dieses Sammellager diente ab November 1942 als „Sondermannschaftslager für den Bergbau“ und hatte die Aufgabe, die Ruhrgebietszechen mit Zwangsarbeitskräften zu versorgen.

Ab 1943 wurden dann vermehrt russische und – nach dem Sturz Mussolinis und der Kapitulation Italiens – italienische Kriegsgefangene, die so genannten „Italienischen Militär-Internierten“ (IMI) sowie Zwangsarbeiter aus dem Kriegsgefangenen-Stammlager Hemer (Stalag VI A) auch nach Gerthe und Hiltrop verbracht. Dieses Sammellager diente ab November 1942 als „Sondermannschaftslager für den Bergbau“ und hatte die Aufgabe, die Ruhrgebietszechen mit Zwangsarbeitskräften zu versorgen.

Der „Bedarf“ an Zwangsarbeitern im Deutschen Reich war unermesslich: Waren Im Spätsommer 1941 im Deutschen Reich 2,1 Mio. “zivile Fremdarbeiter“ und 1.2 Mio. Kriegsgefangene im Arbeitseinsatz, so stieg die Zahl bis zum August 1944 auf über 7,6 Millionen. 33,7% aller Beschäftigten im Bergbau und 30% in der Metallindustrie waren schließlich Zwangsarbeiter.[2]

Zwangsarbeiter*innen und Kriegsgefangene in Bochum

Die genaue Zahl der Zwangsarbeiter*innen in Bochum ist nicht bekannt. Im Juli 1943 waren es ca. 17.000 in ca. 100 Lagern, bis Ende Februar 1944 stieg ihre Zahl auf etwa 30.000 in mindestens 187 Lagern[3] an und noch im April 1945 waren mehr als 27.000 Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Bochum.Ausdrücklich hingewiesen sei an dieser Stelle auf die seit Mitte 1944 errichteten Außenkommandos des Konzentrationslagers Buchenwald hingewiesen.

Blick von Gasometer der Stahlwerke Bochum; ehem Zwangsarbeiterlager, Eisenbahnstrecke, Grumme, 07 März 1952 (Foto @ Stadt Bochum, Bildarchiv)

Neben dem Lager des Bochumer Vereins an der Brüllstraße befanden sich auch auf dem Gelände der Eisen- und Hüttenwerke AG (später Stahlwerke Bochum)  an der Castroper Straße unter anderen ein Lager, in dem größtenteils auch jüdische KZ-Häftlinge untergebracht waren, die sich in einem gesonderten, von der SS bewachten und mit einem elektrischen Zaun umgebenen Lager befanden.[4]

Aufgrund der hohen Fluktuation und der beabsichtigten Vernichtung dieser Menschen durch Arbeit, ist anzunehmen, dass die Gesamtzahl der Menschen, die in Bochum Zwangsarbeit leisten mussten, deutlich höher war als 30.000.[5]

Todesopfer der Zwangsarbeit in Bochum

Russische Gräber auf dem Bochumer Hauptfriedhof, 24 Jan. 1949 (Foto © Stadt Bochum)

Wie viele Zwangsarbeiter in Bochum umgekommen sind, ist noch nicht nachgewiesen. Alleine auf dem Bochumer Hauptfriedhof Freigrafendamm sind etwa 1.800 Zwangsarbeiter beigesetzt, die meisten davon Sowjetbürger, aber auch Polen, Jugoslawen, Belgier und Franzosen. Auf dem jüdischen Friedhof an der Wasserstraße stehen Grabsteine für 52 Häftlinge, die in den Bochumer Außenlagern des Konzentrationslagers Buchenwald ums Leben kamen.[6]

Im Jahr 2002 veröffentlichte die Stadt Bochum das „Gedenkbuch der Opfer der Zwangsarbeit“, in dem scheinbar nur die bestatteten Opfer auf dem Hauptfriedhof verzeichnet sind. Leider wurde die Opferliste seitdem scheinbar nicht aktualisiert, denn die Namen der auf den Friedhöfen in den Bochumer Vororten bestatteten Opfer, beispielsweise in Bochum-Gerthe, -Hiltrop  wurden bis heute nicht in diese Listen eingepflegt.

Kohlengräberland-Schüler reinigen Grabplatten von Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen und NS-Opfern auf den Friedhöfen in Bochum-Gerthe und -Hiltrop (Foto © Kohlengräberland)Dies ist umso bedauerlicher und unverständlicher, da diese Erinnerungs- und Gedenkorte z. B. in Gerthe und Hiltrop doch aufgrund der Initiative „Steinerne Zeugen“ der Kohlengräberland-Geschichtswerkstatt in den Jahren 2017 bis 2021 um die Erhaltung und Instandsetzung der Kriegsgräber wieder in das Bewusstsein der Stadtverwaltung gerückt wurden. Nicht vergessen sei an dieser Stelle auch das Kooperationsprojekt der Bochumer Goethe- und Hildegardis-Schule „307 Zwangsarbeiter*innen“ : Nach aufwändigen Recherchen war es den Schüler*innen mit Hilfe von Peter Dittert vom städtischen Friedhofsamt und Recherchen im VDK-Zentralregister in Kassel gelungen, von 307 Opfern der Zwangsarbeit die Namen sowie Geburts- und Todesdaten sowie die Herkunft der Verstorbenen zu ermitteln, eine – wenn auch nicht in jedem Fall vollständige – Liste zu erstellen und am 17. November 2019 Gedenksteelen für die Opfer auf dem „Blumenfriedhof“ einzuweihen.

Zahl der Lothringen-Zwangsarbeiter*innen und Kriegsgefangenen

Laut der vorliegenden Quellen des ITS Arolsen stieg die Anzahl der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen der Bergbau AG Lothringen von 895 Personen am 14. Juli 1943[7] auf mindestens 1.646 Personen zum Ende des Krieges im April 1945[8]. Nach den vorliegenden Dokumenten können auf den Schachtanlagen Lothringen Kriegsgefangene und zivile Zwangsarbeiter*innen aus Polen, Niederlande, Frankreich, Finnland, Russland, Ukraine, Italien, Kroatien, und Griechenland nachgewiesen werden. Unter ihnen auch Frauen, Kinder und Säuglinge.

Lagerstandorte der Bergbau AG Lothringen

Übersichtskarte der Lagerstandorte der Bergbau AG Lothringen (Grafik © Kohlengräberland)

Auch die Bergbau AG Lothringen errichtete und unterhielt während des Zweiten Weltkrieges mehrere Zwangsarbeiter- und Kriegsgefangenen-Lager in Bochum Gerthe und –Hiltrop. Auch Bauern- und Handwerksbetriebe sowie kinderreiche Berg-arbeiter- und Angestelltenfamilien beschäftigten in ihrem Privathaushalt Zwangsar-beiter*innen.

Großflächige Baracken-Lager der Zeche Lothringen

Hatte man auch in Bochum-Gerthe und -Hiltrop zunächst Gebäude wie Schulen (z. B. Heuwegschule, Paßmann-Schule), Gasthaus-Sälen und zecheneigenen Wohnhäusern oder Berglehrlingsheimen in Zwangsarbeiter-Unterkünfte umgewandelt, so wurden schon bald großflächige Baracken-Massenlager für die Gefangenen errichtet.

Barackenlager Lothringen III am „Bövinghauser Hellweg“ („Gewerkenstraße“)

Baracken-Lager Lothringen Lothringen III am Bövinghauser Hellweg / Gewerkenstraße in Bochum-Gerthe (Foto © Luftbilddatenbank Dr. Carls / Kohlengräberland)

Das seit langer Zeit wohl bekannteste Barackenlager im Bochumer Norden ist sicherlich das nahezu fast vollständig erhaltene und im August 2005 unter Denkmalschutz gestellte Baracken-Lager der Zeche Lothringen / Schacht III an der Gewerkenstraße (ehem. „Lager Bövinghauser Hellweg“). Von den ehemals 11 Lagerbaracken, die sich auf dem Gelände um das ehemalige Schalthaus (Elektrozentrale) und die ehem. Waschkaue der Zeche Lothringen III gruppieren, sind heute noch 9 erhalten, die seit 1983 durch das studentische Wohnprojekt Gerthe eG genutzt und erhalten werden.

Barackenlager Lothringen I/II an der „Heinrichstraße“ (eigentlich Castroper Hellweg 365b)

Barackenlager Lothringen I/II „Lager Heinrichstraße“ am Castroper Hellweg 365b in Bochum-Gerthe (Foto © Luftbilddatenbank Dr. Carls / Kohlengräberland)

Das Baracken-Lager „Heinrichstraße“ er Zeche Lothringen / Schacht I/IIam Castroper Hellweg 365b auf dem Gelände des Fest- und Kirmesplatzes in Bochum-Gerthe wurde gemeinsam mit der Eisen- und Hüttenwerke AG (später Stahlwerke Bochum) „betrieben“, deren Aktienmehrheit die Bergbau AG Lothringen als Gründungskonzern bis zum Jahr 1936 besaß.

Die Fläche des Lagers Heinrichstraße am Castroper Hellweg 365 betrug ca. 11.500 m² Hier waren 11 zumeist aus Holz gefertigte Baracken aufgestellt. Insgesamt waren im Lager Heinrichstraße zu Kriegsende 1945  mindestens 550 Menschen untergebracht: 295  italienische Kriegsgefangene der Eisen- und Hüttenwerke AG, mindestens 250 Gefangenen der Bergbau AG Lothringen, davon waren 141 italienische Kriegsgefangene und 105 polnische „Zivilarbeiter“.[9]

Durch die Initiative der Kohlengräberland-Geschichtswerkstatt wurde das ehemalige Lagergelände am 31. März 2020 unter Bodendenkmalschutz gestellt und in die Denkmalliste der Stadt Bochum eingetragen. Weiterführende Informationen zum Denkmalschutz-Antrag finden Sie unter: https://www.kohlengraeberland.de/wp-content/uploads/2023/12/Gerthe-West-Teil-2-Projektbericht-zum-Kriegsgefangenen-und-ZwangsarbeiterInnen-Lager.pdf

Barackenlager Lothringen IV an der Dietrich-Benking-Straße

Lager Lothringen IV an der Dietrich-Benking-Straße in Bochum-Hiltrop im Jahr 1945 (Foto © Luftbilddatenbank Dr. Carls / Kohlengräberland)

Das Baracken-Lager der Zeche Lothringen / Schacht IV in Hiltrop befand sich gegenüber der Zentralkokerei an der Dietrich-Benking-Straße. In den 11 zumeist aus Holz gefertigten Baracken war – nach den Angaben der Stadt Bochum für den ITS Arolsen vom 14.6.1949 – das Lager am 8. April 1945 mit 429 Gefangenen belegt, darunter 77 Italienische, 294 russische Zwangsarbeiter. Noch im Jahr 1942 wurden auch kroatische Gefangene erwähnt.

Heute befindet sich auf dem ehemaligen Lagergelände die Neubausiedlung „Marie-Luise-Tanski-Straße“.

 

Lager der Bergbau AG Lothringen in Einzelgebäuden

Heinrichstr 33 in Bochum-Gerthe / Ehemaliges Zwangsarbeiterlager der Zeche Lothringen I/II (Foto © Kohlengräberland 2020)

Viele der Zwangsarbeiter*innen, beispielsweise aus Frankreich, Holland, Italien sowie „polnische Fremdarbeiter“, waren in Einzelgebäuden mitten im Ortskern von Bochum-Gerthe und -Hiltrop in direkter Nachbarschaft zu den Wohnhäusern der Bürger untergebracht.

Allein diese Tatsache widerspricht der in der Nachkriegszeit von Deutschen oft geäußerten Behauptung, „man habe von den Nazi-Gräueltaten keine Kenntnis gehabt und von den Lagern gar nichts mitbekommen“. Betagte Augenzeugen aus Bochum-Gerthe und -Hiltrop konnten in den Interviews mit der Kohlengräberland-Geschichtswerkstatt noch vor kurzem davon berichten, wie menschenunwürdig die Zwangsarbeiter-Kolonnen täglich zur Arbeit durch ihren Ortsteil getrieben wurden und in welchem schrecklichen Zustand sich diese „Arbeitssklaven“ befanden.

Die folgenden Lager der Bergbau AG Lothringen befanden sich in Einzelgebäuden, sind hingegen vergleichsweise wenig bekannt und daher kaum im öffentlichen Bewusstsein verankert:

  • Lager Lothringer Straße (40) / „Gefolgschaftsheim“ (Hauptverwaltung der Zeche Lothringen, Lothringer Str. 40)
  • Lager Castroper Hellweg 415 (Gaststätte „Kath. Vereinhaus“, sogen. „Polenlager“, Lothringen I/II),
  • Lager Turnstraße 9-11 (Am Gerther Marktplatz,Lothringen I/II, ),
  • Lager Gerther Straße 31 (ehem. Heuwegschule, heute Christopherus-Schule, Lothringen I/II,),
  • Lager Heinrichstraße 33 (sogen. „Polenlager“, Lothringen I/II, gegenüber der heutigen Hans-Christian-Andersen-Grundschule),
  • Lager Cöppencastrop (auch „Lager Köppen“, Lothringen I/III, Castroper Hellweg 572 / Bövinghauser Hellweg 2),
  • Lager Gewerkenstraße (Chemische Werke Lothringen / IG Farben, heute Dieselstr. / Ecke An der Halde)
  • Lager Castroper Hellweg (Lothringen V / Holzimprägnierwerk, heute „Gewerbepark Gerthe-Süd“)
  • Lager Paul-Paßmann-Schule (Lothringen IV, ehem. Otto-Gehres-Str. 91, heute Frauenlobstr. / Frauenlobschule)
  • Lager „Im Dorf Hiltrop 51“ (Lothringen IV, ehem. Gaststätte Punge)

Diese Internetseite wird zurzeit bearbeitet, weitere Informationen erhalten Sie in Kürze.

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Anmerkung der Redaktion:  Zur Erinnerungs- und Gedenkkultur der Stadt Bochum

 Im Jahr 2017 wurde die „Bochum Strategie 2030“ mit dem Ziel ins Leben gerufen, „Identität zu schaffen und durch eine lebendige Erinnerungskultur das Wir-Gefühl der Stadtgesellschaft zu verstärken“. „Kompetenzen“ und „Querschnittsthemen“ wurden formuliert, in der Kategorie „Hotspot der „Live-Kultur“ wurde der „Kernaktivität Erinnern statt Vergessen“ besondere Bedeutung beigemessen. Unter der Leitung des Stadtarchivs / Bochumer Zentrum für Zeitgeschichte sollte ein „übergreifendes Konzept für eine aktivierende Erinnerungskultur, die sinnhaftes Erinnern ermöglicht, geschaffen werden“. „Neue zeitgenössische Formate auf Grundlage angemessener didaktisch-methodischer Überlegungen“ seien zu entwickeln“.

Das, was sich hier eher wie das Vorwort eines Schulministeriums zum Kernlehrplan Geschichte für die Gymnasiale Oberstufe liest, klingt zwar ambitioniert, es muss jedoch auch praktisch mit Leben gefüllt werden. Seit Jahren und Jahrzehnten engagieren sich zahlreiche Schulprojekte und Initiativen der Bochumer Stadtgesellschaft für eine lebendige Erinnerungs- und Gedenkkultur. Ehrenamtlich recherchieren sie Opfer-Biographien, forschen in Archiven nach geschichtlichen Hintergründen, verlegen Stolpersteine für die Opfer der Shoah, setzen sich aktiv für die Schaffung von Gedenkorten ein, führen Mitbürger*innen bei historischen Stadtexkursionen zu den Unrechtsorten des Bochumer NS-Terrors.

Leider muss festgestellt werden, dass ihre wertvollen Erkenntnisse von der Stadt Bochum nicht im gewünschten Maße berücksichtigt werden. So ist beispielsweise bedauerlich, dass keine Liste aller Zwangsarbeitsopfer aus Bochum geführt und aktualisiert wird. Hier verweist die Stadt Bochum – 22 Jahre später – immer noch auf die Liste der Bestatteten auf dem Hauptfriedhof aus dem Jahr 2002.

Auch sucht der/die Interessierte auf der Homepage der Stadt vergeblich nach einer aktualisierten Liste der Bochumer Shoah-Opfer. Unter dem Suchbegriff „Shoah“ findet die städtische Suchmaschine keine Ergebnisse, stattdessen wird man auf einzelne Standorte jüdischen Lebens unter der Rubrik „Leidens-Wege in Bochum 1933 bis 1945“ verwiesen. Nach langer, unerfreulicher Suche stößt man hier lediglich auf einen Literaturhinweis auf das „Gedenkbuch für die Opfer der Shoa aus Bochum und Wattenscheid“, das im Jahre 2000 von Manfred Keller, Hubert Schneider und Johannes Volker Wagner herausgegeben wurde.

Ambitionierte „Strategie-Konzepte“ und zukunftsorientierte Zielsetzungen einer Stadtverwaltung sind zwar ehrenwert, viele geschichtsinteressierte Bürge*innen begreifen jedoch Recherche und Dokumentation in erster Linie als Kernkompetenz und Leistungsauftrag ihres Stadtarchivs als Bochumer Zentrum für Zeitgeschichte. Man sollte das Eine tun, ohne das Andere zu unterlassen.   

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[1] Zur Geschichte des Kriegsgefangenenlagers Stalag VI A Hemer, Eine Begleitschrift für die Gedenkstätte  und die beiden Friedhöfe, Verein für Hemeraner Zeitgeschichte e.V.,3. Aufl. Hemer 2012,

[2] Bundeszentrale für politische Bildung https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/info-aktuell/239456/zwangsarbeiterinnen-und-zwangsarbeiter/ , aufgerufen am 10.01.2025, 7:30 Uhr)

[3] Aktualisierte Anzahl der Bochumer Lager 2023 (nach: Bochumer Bündnis gegen Rechts, http://www.bochumgegenrechts.de/kriegsgefangenen-zwangsarbeiter-konzentrationslager-und-gefaengnisse-waehrend-des-faschismus-in-bochum/ Stand: 2023-10-27)

[4] STASKE: Elisabeth Staske: Fremdarbeiter in Bochum. Arbeitseinsatz und Lebensbedingungen ausländischer Zwangsarbeiter in der Bochumer Rüstungswirtschaft 1939–1945. Hausarbeit zur Erlangung des Grades einer Magistra Artium der Fakultät für Geschichtswissenschaften der Ruhr-Universität Bochum. Bochum 2003, S. 30 ff.

[5] Zwangsarbeiter im NS-Staat und ihr Schicksal in Bochum  (https://www.bochum.de/Stadtarchiv/Bochum-in-der-NS-Zeit/Zwangsarbeiter-im-NS-Staat-und-ihr-Schicksal-in-Bochum , aufgerufen am 11.01.2025, 13:30 Uhr)

[6] https://www.bochum.de/Stadtarchiv/Bochum-in-der-NS-Zeit/Zwangsarbeiter-im-NS-Staat-und-ihr-Schicksal-in-Bochum

[7] Lager-Liste der NSDAP Bochum vom 14.7.1943 (ITS Arolsen)

[8] Lager-Liste der Stadt Bochum für das ITS vom 14.06.1949 (ITS Arolsen)

[9] Lager-Liste der Stadt Bochum für das ITS vom 14.06.1949 (ITS Arolsen)